Die Meisten kennen sie, die Wenigsten nutzen sie: Die Betriebswirtschaftliche Auswertung, einfach kurz „BWA“ genannt. Jeden Monat (oder jedes Quartal) erhältst Du von Deinem/r Steuerberater/in diese Auswertung in gedruckter oder digitaler Form. Gehörst Du bisher auch zu denen, die sie einfach ungelesen abheften?
In meinem Blog-Beitrag „5 Tipps, warum es sich lohnt, Deine Zahlen im Blick zu behalten“ habe ich bereits darauf hingewiesen, wie wichtig es für Dich als (Solo-)Selbstständige/r ist, Dich mit Deinen Zahlen zu beschäftigen.
Die Basis dafür liefert Dir Deine monatliche BWA, die ein hervorragendes Instrument zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage Deines Unternehmens darstellt. Sie ist vielseitig einsetzbar und kann Dir als (Solo-)Selbständige/r als kostengünstige und zeitsparende Grundlage für ein einfaches und zielgerichtetes Controlling dienen.
Als Selbständige/r ist es wichtig, Deine betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) effektiv zu nutzen, um den finanziellen Erfolg Deines Unternehmens zu überwachen und fundierte Entscheidungen zu treffen. Und auch wenn meine Anleitung zunächst sehr zeitaufwändig für Dich klingt, die Schritte 1-4 fallen im Prinzip nur einmalig an. Schritt 5 fällt ebenfalls nur einmalig an, denn er wird ja zukünftig durch Dein kontinuierliches (monatliches oder quartalsweise) Dranbleiben mit Schritt 7 erledigt – hierfür benötigst Du jeweils max. 30 Minuten pro Monat oder Quartal. Schritt 6 wird einmal jährlich durchgeführt und dieser benötigt schon ein wenig Zeit, gutes Gefühl und Hirnschmalz, um Deine Jahresplanung zu erstellen. Also lass Dich nicht abschrecken!
Hier ist eine kleine Anleitung, wie Du vorgehen kannst:
Schritt 1: Ausgabeform der Betriebswirtschaftlichen Auswertung – BWA mit Wertenachweis und Vorjahresvergleich anfordern
Die kurzfristige Erfolgsrechnung ist das Herzstück der Betriebswirtschaftlichen Auswertung. Und egal welche Software Dein/e Steuerberaterin oder Deine Buchhaltung verwendet, die BWA hat immer die gleiche Grundstruktur. Die Buchführung und damit die BWA müssen zwingend den Vorgaben des Handels- und Steuerrechts folgen.
Was in der Praxis pauschal als Betriebswirtschaftliche Auswertung bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit die kurzfristige Erfolgsrechnung. Da in dieser Auswertung nur die einzelnen Kontenarten ohne Unterkonten aufgeführt sind, bleibt sie übersichtlich. Wenn Du zukünftig jedoch wissen willst, wo sich die einzelnen Umsatz– und Kostentreiber im Detail verstecken, bleibt die kurzfristige Erfolgsrechnung Antworten schuldig.
Diese Antworten findest Du im Wertenachweis, einer Erweiterung der kurzfristigen Erfolgsrechnung. Er ordnet alle Erfolgskonten der Summen- und Saldenliste den jeweiligen BWA-Positionen zu.
Die kurzfriste Erfolgsrechnung zeigt Dir beispielsweise nur die Personalkosten insgesamt. Der Wertenachweis gliedert die Personalkosten auf (in: Löhne, Gehälter, Sozialaufwendungen, …). So kannst Du nachvollziehen, wie sich die einzelnen Faktoren innerhalb der Position Personalkosten entwickelt haben.
Schritt 2: Excel-Vorlage nutzen und anpassen – Konten und Positionen übernehmen
Um aus Deiner Betriebswirtschaftlichen Auswertung ein Controlling-Instrument zu erstellen, mit dem Du in die Zukunft planen und Dein Unternehmen auf Basis fundierter Zahlen steuern kannst, empfehle ich Dir eine Excel-Datei zu erstellen (oder meine Vorlage zu nutzen).
Meine Excel-Tabelle ist so aufgebaut, dass sie in Anlehnung an die BWA strukturiert ist. In dem nachfolgenden Beispielausschnitt siehst Du, dass ich in der ersten Spalte die Kontonummer aus der Buchhaltung übertragen habe (findest Du in der BWA mit Wertenachweis). In meinem Beispiel handelt es sich hierbei um Konten aus dem Kontenrahmen SKR 03. Manche Steuerberater/innen oder Systeme arbeiten nach dem SKR 04, dann haben die Konten andere Nummern. In jedem Fall gilt es zunächst, die einzelnen Kontenbezeichnungen und Kontonummern so zu übertragen, dass sie mit Deiner Betriebswirtschaftlichen Auswertung übereinstimmen.
Du möchtest loslegen und zukünftig Deine BWA als Controlling-Instrument nutzen?
Ich stelle Dir gerne meine Excel-Vorlage als kostenfreie Datei zur Verfügung, so dass Du diese auf Deine Belange anpassen und nutzen kannst.
Lade Dir hier die Excel-Vorlage zur BWA-Planung 2023 direkt herunter
Schritt 3: Jahresergebnisse aus 2021 und 2022 aus der BWA in die Excel-Datei übertragen
Jetzt nimmst Du Dir zunächst Deine Jahresergebnisse der letzten beiden Jahre (in meinem Beispiel: aus 2021 und 2022) und überträgst diese in die entsprechenden IST-Spalten.Dadurch, dass Du die beiden Vorjahre als Vergleichsjahre nimmst, erkennst Du die Entwicklung Deines Unternehmens. Hat sich der Umsatz von Jahr zu Jahr erhöht? Sind Kosten gestiegen? Gibt es wichtige Entwicklungen, die Du in die Zukunfts-Planung mit einbeziehen solltest?
Jetzt hast Du dann einen ersten Überblick und erkennst am Ende der Datei, wie viel Umsatz Du erzielt hast, wie viel Geld Du für Waren ausgegeben hast und wie hoch Dein Rohertrag ist (Gesamterlöse minus Wareneinsatz = Rohertrag).
Vom Rohertrag gehen dann die verschiedenen Kosten sowie die „neutralen“ Aufwendungen und Erlöse, wie z.B. Zinsausgaben und –einnahmen und ähnliches ab. Daraus erhältst Du ein Ergebnis vor Steuern. Hiervon rechne ich zunächst noch die Gewerbesteuer runter (falls Du welche zahlen musst) und danach erhältst Du das Vorläufige Ergebnis.
Jetzt ganz wichtig!!!!! überträgst Du Dein Unternehmer/innengehalt. Falls Du bisher nur sporadisch Privatentnahme getätigt hast (so heißt das Konto in Deiner Buchhaltung/BWA) dann empfehle ich Dir, dieses zukünftig als feste Größe mit einzuplanen (dazu später aber mehr). Hast Du Deinem Unternehmen Geld aus Deinem Privatvermögen „geliehen“, dann trägst Du diese Summe unter Privateinlagen ein. Jetzt wird noch die Einkommensteuer, die in Deiner Buchhaltung/BWA als Privatsteuern erscheinen, abgezogen und fertig ist das Gesamtergebnis. Im besten Fall hast Du jetzt bei Gewinn eine positive Zahl stehen.
Bereits jetzt hast Du gute Anhaltspunkte, um die Kostenstruktur Deines Unternehmens anhand der Daten, die Du aus der Betriebswirtschaftlichen Auswertung übertragen hast, zu analysieren.
Auch hier habe ich Dir einen verkürzten Ausschnitt aus meiner Excel-Datei dargestellt, damit Du meine Erklärungen nachvollziehen kannst.
Schritt 4: Halbjahres-IST-Zahlen 2023 aus der BWA in Excel-Datei übertragen
Ok, wenn Du bis hierhin alles erledigt hast, geht es mit Deinen bisherigen IST-Zahlen für 2023 weiter. Und jetzt stellt sich eine ganz wichtige Frage:
Musst Du Deine Umsatzsteuer-Voranmeldung monatlich oder nur quartalsweise an das Finanzamt übermitteln?
Dementsprechend wird Dein/e Steuerberater/in Deine Buchhaltung auch monatlich oder quartalsweise erstellen. Wir benötigen diese Information, damit der weitere Aufbau der Excel-Tabelle entsprechend angelegt wird. Falls Du Dir nicht sicher bist, schau einfach mal nach, ob Du Deine Betriebswirtschaftliche Auswertung monatlich oder quartalsweise zugeschickt bekommst.
Wie Du in meinem Beispielausschnitt sehen kannst, habe ich hier jetzt eine BWA-Planung nach Quartalen aufgebaut. Hier trägst Du jetzt die IST-Zahlen per 30.06. in die IST-Spalte Juni ein. Da das 1. Halbjahr 2023 komplett vorbei ist, trägst Du hier die bisher aufgelaufenen Werte für das komplette 1. Halbjahr ein, statt wie sonst nur die Ergebnisse des jeweiligen Monats oder Quartals.
Schritt 5: Aus den bisherigen Ergebnissen (2021 + 2022) und Deinen IST-Zahlen für das 1. Halbjahr eine Jahresplanung für 2023 erstellen
Wenn Du so weit gekommen bist, liegt jetzt ein direkter Vergleich zwischen den Zahlen aus 2021 und 2022 sowie Deinem Halbjahresergebnis 2023 vor Dir. Damit hast Du jetzt alle Daten zusammen, um den nächsten Schritt hin zur Zukunftsbetrachtung zu machen. Deine Aufgabe ist es, ein realistisches Budget für das komplette Jahr 2023 für Dein Unternehmen zu erstellen. Basierend auf den aktuellen Zahlen und Trends kannst Du prognostizieren, wie sich Deine Einnahmen und Ausgaben in der Zukunft entwickeln werden. Hier ein kleines Beispiel, damit Du meine Überlegungen besser nachvollziehen kannst:
Wie Du an diesem Beispiel sehen kannst, steigerte sich der Umsatz von 2021 auf 2022 um 6 %. Ich habe jetzt für die Pläne 2023 und 2024 ebenfalls eine 6 %ige Umsatzsteigerung eingeplant. Und so gehst Du alle Einzelpositionen Deiner BWA-Planung durch und schaust zunächst, wie haben sich die Zahlen von 2022 im Vergleich zu 2021 entwickelt. Welche Erkenntnisse ergeben sich daraus für Dich für die Planung 2023 (und 2024 – wobei 2024 zunächst nur eine grobe Vorausplanung ist, die realistische Planung erfolgt erst Ende 2023, wenn Du mindestens die IST-Zahlen bis November vorliegen hast)?
Setze auf der Basis der Entwicklung der Vergangenheit und Deiner aktuellen Erkenntnisse über die intern und extern zu erwartenden Veränderungen Deine Gewinn- und Liquiditätsziele für 2023 fest und plane die dafür notwendigen Maßnahmen und Auswirkungen auf Erträge und Kosten bzw. Einzahlungen und Auszahlungen im Detail.
Die Planung (= das Budget) hilft Dir dabei, Deine finanziellen Ziele zu setzen und diese zu überwachen.
Bitte bedenke und berücksichtige bei der Planung saisonale Schwankungen, Urlaubsmonate (sowohl im Hinblick auf Dich und/oder Deine Mitarbeiter/innen als auch im Hinblick auf Deine Kund/innen).
Schritt 6: Aus der Jahresplanung 2023 Planzahlen für die restlichen Monate (oder Quartale für 2023) ermitteln
Nachdem Du die Jahresplanung 2023 fertiggestellt hast, gilt es nun die Planzahlen für die Monate 7-12 oder die Quartale 3 und 4 zu ermitteln. Wenn Du Dir Deine IST-Zahl für das 1. Halbjahr anschaust und diese ca. 50 % Deiner Planzahl für 2023 entspricht, könntest Du die Differenz zwischen Jahresplan 2023 und IST per 30.06. einfach durch 6 (bei monatlicher Planung) oder durch 2 (bei quartalsweise Planung) nehmen und so in die Plan-Spalten eintragen. Vielleicht weißt Du aber auch, dass bestimmte Jahresrechnungen erst im September kommen, Dein Produktverkauf vor Weihnachten stark ansteigt (z.B. Verkauf von Gutscheinen) oder ähnliche Besonderheiten. Dann trägst Du die Planzahl eben in den entsprechenden Monat oder Quartal ein. Was z.B. nicht monatlich eingetragen wird, sind die Abbuchungen für Gewerbesteuer und Einkommensteuer. Die Abbuchung der Gewerbesteuer-Vorauszahlung durch die Gemeinden/Städte erfolgt zu folgenden Terminen: 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November. Das Finanzamt bucht die Einkommensteuer-Vorauszahlungen per 15. März, 15. Juni, 15. September und 15. Dezember ab.
Schritt 7: Regelmäßig jeden Monat die IST-Zahlen aus der BWA in die Excel-Datei übertragen und einen Soll-IST-Abgleich durchführen
Der letzte Schritt, um Deine Betriebswirtschaftliche Auswertung als echtes Controlling-Instrument zu nutzen, ist dann die monatlich oder quartalsweise Eintragung der IST-Zahlen aus der BWA in die entsprechenden Zeilen. Jetzt hast Du die direkte Gegenüberstellung Deiner Planung und der tatsächlichen IST-Werte.
Durch diese identifizierst Du Bereiche, in denen Du Kosten senken oder optimieren kannst bzw. ob Maßnahmen notwendig sind, um die Umsatzzahlen zu steigern. Überprüfe regelmäßig, ob deine Ausgaben im Einklang mit Deinem Budget und den Unternehmenszielen stehen.
Analysiere die Zahlen und identifiziere Trends, Muster oder Abweichungen. Vergleiche die aktuellen Werte mit früheren Perioden, um Veränderungen zu erkennen.
Nutze wichtige Finanzkennzahlen, die aus Deiner BWA-Planung abgeleitet werden können, um die finanzielle Performance Deines Unternehmens zu bewerten. Dazu gehören Kennzahlen wie Umsatzrentabilität, Rohertrag oder Liquiditätsgrad. Diese Kennzahlen geben Dir wichtige Informationen über die Rentabilität, Effizienz und finanzielle Stabilität Deines Unternehmens. Wertvolle Anregungen findest Du hier:
Wenn Du Unregelmäßigkeiten, negative Trends oder finanzielle Probleme in Deiner BWA-Planung erkennst, ergreife frühzeitig Maßnahmen. Dies kann bedeuten, Ausgaben zu reduzieren, neue Einnahmequellen zu finden oder strategische Anpassungen vorzunehmen. Je früher Du reagierst, desto besser kannst du mögliche Risiken minimieren.
Falls Du unsicher bist oder Hilfe benötigst, unterstütze ich Dich gerne dabei, Deine Zahlen zu interpretieren oder finanzielle Strategien zu entwickeln. Nimm gerne Kontakt mit mir auf: telefonisch 01 51 / 23 43 03 89 oder per Mail.
Du möchtest loslegen und zukünftig Deine BWA als Controlling-Instrument nutzen?
Ich stelle Dir gerne meine Excel-Vorlage als kostenfreie Datei zur Verfügung, so dass Du diese auf Deine Belange anpassen und nutzen kannst.
Lade Dir hier die Excel-Vorlage zur BWA-Planung 2023 direkt herunter
Oh je, beim Lesen würde ich abwechselnd blass und grün und fühlte mich ertappt. Ich bin bisher nebenberuflich selbstständig und habe mich mit meinen Zahlen noch nie wirklich beschäftigt. Aber ich weiß ja, dass dies wichtig ist, auch wenn sich alles in mir sträubt. Also erstmal Danke, für die riesige Zaunslatte und für die konkrete Anleitung. Herzliche Grüße Sylvia
Liebe Sylvia, ich hoffe, dass Du mittlerweile wieder eine gesunde Gesichtsfarbe hast und freue mich, dass ich Dir mit meinem Blog-Beitrag einen kleinen Anstoß geben konnte. Viel Spaß damit (und das meine ich nicht ironisch) Heike