Als Selbstständige stehst Du oft vor einer Vielzahl von Herausforderungen: Du kümmerst Dich um Kundenakquise, Produkte, Dienstleistungen, Mitarbeiterinnen, Behörden, Lieferanten und Netzwerke – die Liste ist lang. Ach so … und Du bist natürlich die beste Fachkraft in Deinem Unternehmen. Du tanzt auf vielen Hochzeiten – oftmals gleichzeitig. Doch eine Sache, die viele Selbstständige fürchten, sind Zahlen. Na, kommen Dir solche Gedanken bekannt vor:
- Buchhaltung kann ich nicht!
- Buchhaltung ist mir zu kompliziert und kostet mich viel Zeit!
- Zahlen sind Qualen!
- Ich kann nicht gut mit Zahlen und habe Angst, etwas falsch zu machen.
- Buchhaltung ist nur etwas für Profis.
- Ich war noch nie gut in Mathematik.
- Für die Zahlen habe ich doch mein Steuerbüro.
- Hilfe, ich verstehe diese ganzen Zahlen nicht.
- Buchhaltung ohne Fachwissen – ohne Steuerberater:in bin ich doch mit einem Bein im Gefängnis
- usw. usw.
Die Quälerei oder Dein Unbehagen beginnt schon beim Sortieren der Belege und hört auf bei den x Seiten Auswertung, die Du regelmäßig von Deinem Steuerbüro bekommst. Ok, Du schaust Dir im besten Fall Dein Betriebsergebnis bzw. Deinen Gewinn (oder Verlust) an, und anschließend heftest Du die Auswertungen ab, ohne sie genau zu analysieren und Maßnahmen zu ergreifen. Denn wann (und warum) sollst Du in Deinem engen Terminkalender auch noch Zeit einplanen, um Dich mit Deinen Zahlen zu befassen?
Aus der Zusammenarbeit mit meinen Kund:innen weiß ich, dass Zahlen und Buchhaltung bei vielen Selbstständigen ein Gefühl der Überforderung auslösen. Aber was, wenn ich Dir sage, dass Du keine Angst vor Zahlen haben musst? Dass sie nicht nur Dein Feind sind, sondern Dein größter Verbündeter im Geschäft? In diesem Blog-Beitrag werde ich Dir ein paar gute Argumente liefern, warum es gar nicht nötig ist, Scheu vor Zahlen zu haben und wie Du diese völlig stressfrei für Dich und Dein Business nutzen kannst, um kluge und gut durchdachte, unternehmerische Entscheidungen zu treffen.
Die Scheu vor Zahlen überwinden
Die Scheu vor Zahlen ist weit verbreitet, besonders unter Selbstständigen. Viele haben das Gefühl, dass sie nicht gut mit Zahlen umgehen können oder dass Finanzthemen zu kompliziert sind. Doch diese Angst ist oft unbegründet. Die Beschäftigung mit Deinen Belegen, Zahlen oder Auswertungen muss keine Quälerei sein. Indem Du kleine Schritte einplanst und Dir regelmäßig ein wenig 🙂 Zeit nimmst, wirst Du es schaffen, Deine Abneigung gegenüber den Zahlen zu überwinden und ein besseres Verständnis für Deine Finanzen zu entwickeln.
Das beginnt damit, dass Du Dir einen Prozess überlegst, der Dich wie ein roter Faden durch Deine Buchführung leitet und Dir tagtäglich als Checkliste dient, damit Du in wenigen Minuten ein Verständnis dafür entwickelst, wo Du gerade mit Deinem Unternehmen stehst und welche Schritte erforderlich sind, um Dein Unternehmen auch zahlenmäßig auf der Erfolgsspur zu halten.
Belege aufbewahren und sortieren
Deine Buchführung verliert viel von ihrem Schrecken, wenn am Tag X alle dafür benötigten Belege und Papiere schnell zur Hand sind. Gewöhne Dir demnach an, sämtliche Rechnungen, Quittungen etc. in einem Ablagefach oder Karton zu sammeln. Egal, wo und wie Du die Dokumente sammelst – wichtig ist, dass sie da sind, wenn sie gebraucht werden. Das spart bei der Buchhaltung jede Menge Zeit und Nerven, denn kaum etwas gestaltet sich stressiger, als die Belege dann erst in der Wohnung und im Auto zusammensuchen zu müssen.
Und bitte respektiere unbedingt den Grundsatz aller Buchhaltungen: Keine Buchung ohne Beleg! Es ist also enorm wichtig, dass Du dafür sorgst, dass Deine Belege vollständig sind und Du diese sorgfältig behandelst – am besten wie ein kostbares rohes Ei 🙂
Eine echte Hilfe, um Klarheit in Deine Belege zu bringen und Deinen eigenen Workflow zu entwickeln, ist das Buch von Benita Königbauer: Buchführung im Flow. Benita erklärt Dir Schritt für Schritt, wie Du zu Deiner täglichen 3-Minuten-Buchführung kommst und damit wesentlich entspannter im Umgang mit Deinen Zahlen wirst.
Um Dir ein paar erste Denkanstöße zu geben, habe ich einen kleinen Workflow Buchhaltungsroutine erstellt, den Du Dir hier runterladen kannst:
Privates und Geschäftliches trennen
Ein wichtiger Grundsatz in Deiner Buchhaltung lautet: Trenne Privates von Geschäftlichem. Das gilt nicht nur, aber vor allem für Deine Finanzen. Was so simpel und logisch klingt, wird leider viel zu selten umgesetzt. Dabei kostet es Dich nur unnötig Aufwand und Zeit, alles über ein einziges Bankkonto laufen zu lassen, insbesondere dann, wenn Du die passenden Belege dazu sortieren musst. Unterm Strich kostet Dich ein einziges Bankkonto auch Geld, wenn Dein:e Steuerberater:in für Deinen Monats-, Quartals- oder Jahresabschluss stundenlang suchen, kontrollieren und trennen muss, statt einfach eine Buchung nach der anderen durchsehen zu können.
Richte Dir also ein zweites Konto ein und lasse alles, was Deine Selbstständigkeit betrifft, ausschließlich über dieses Konto laufen. Es gibt mittlerweile genug kostenfreie Konten, auch mit kostenlosen Kreditkarten. Achte dabei nur darauf, dass Du es auch als Geschäftskonto anlegst. Darüber hinaus richtest Du Dir bei Deiner Geschäftsbank ein separates (Tagesgeld-)Konto ein, das ausschließlich für Zahlungen an das Finanzamt (Umsatzsteuer-Voranmeldung; Einkommen-Vorauszahlung, …) dienen soll. Mit dem Profit-First-Ansatz ermittelst Du einen festen Prozentsatz jedes Zahlungseingangs für Unternehmergehalt, Steuern und Gewinn und verteilst so die Geldeingänge. Auf dem aktuellen Firmenkonto soll lediglich der Anteil stehen bleiben, der erforderlich ist, um Deine betrieblichen Kosten zu tragen.
Brauchst Du wirklich noch eine Kasse?
Solange Du von Deinen Kund:innen Bargeld annimmst, musst Du zusätzlich zu Deinem Bankkonto ein sogenanntes Kassenbuch führen. Das bedeutet, Du musst Protokoll führen und jeden Tag einen Abschluss machen.
Da Kassenbücher nicht in nachträglich veränderbaren elektronischen Dateien geführt werden müssen, ist eine Excel-Datei leider nicht die Lösung (siehe § 146 Abgabenordnung). Wer sein Kassenbuch also elektronisch führen möchte, wird um eine entsprechende Software nicht herumkommen.
Da man mittlerweile alles und überall per Karte, Smartphone und Überweisung bezahlen kann (selbst beim Bäcker zwei Brötchen) werden sich auch Deine Kund:innen daran gewöhnen, dass bei Dir Zahlungen nur noch elektronisch möglich sind. Und Du sparst Zeit, die Du für andere wunderbare Dinge nutzen kannst.
Nutze digitale Möglichkeiten
Es gibt eine Vielzahl von Tools und Software, die Dir dabei helfen können, Deine Finanzdaten effektiv zu verwalten.
Investiere in eine Buchhaltungssoftware, die speziell für Einzelfirmen geeignet ist. Eine solche Software spart Dir viel Zeit, da sie automatisch Buchungen erstellt und es Dir ermöglicht, Belege und Rechnungen einfach zu erfassen und zu speichern. Ohne dass ich dafür bezahlt werde, 🙂 empfehle ich Dir Lexoffice – schau mal, hier gibt es einen lexoffice Testbericht. Ich nutze die Lexware Software selbst und bin sehr zufrieden damit. Viele Steuerberater bieten ihren Mandat:innen an, mit DATEV Unternehmen online zu arbeiten – auch hier kannst Du Deine Belege einscannen und so dem Steuerbüro digital zur Verfügung stellen.
Von Buchhaltungssoftware bis hin zu Analysetools – nutze die Technologie, um Deine Finanzprozesse zu optimieren und Deine Effizienz zu steigern.
Deine Zahlen verstehen und interpretieren
Wenn Du auf Dauer erfolgreich sein möchtest, ist es unabdingbar, Deine betriebswirtschaftlichen Kennzahlen und die gesamte Geschäftsentwicklung nicht aus dem Blick verlieren: Die betriebswirtschaftliche Planung und Auswertung (BWA) wird dann zur Pflicht und nicht nur zur Kür – das gilt für Selbstständige aller Berufszweige. Um Deine Finanzdaten effektiv nutzen zu können, ist es demnach wichtig, grundlegende Finanzkonzepte zu verstehen. Von der Gewinn- und Verlustrechnung bis zur Bilanz – je besser Du die Zahlen verstehst, desto besser kannst Du sie interpretieren und nutzen, um fundierte Entscheidungen zu treffen.
Du hast für Deine unternehmerischen Entscheidungen, ob Du Mitarbeitende einstellst, in ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung investierst oder neue Maschinen und Geräte kaufst, ein Fundament, statt Roulette zu spielen. Mit vernünftigen und realistischen Planzahlen, die Du auf Basis der BWA der letzten zwei oder drei Jahre erstellst, hast Du ein Werkzeug an der Hand, um Deine Vorausplanung regelmäßig zu aktualisieren und mit den IST-Zahlen der BWA zu vergleichen. Sollten sich hier Abweichungen ergeben, kannst Du die Ursachen analysieren, passende Maßnahmen ergreifen und die Planung entsprechend anpassen.
Falls es Dich interessiert, wie Du Deine betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA), die Du regelmäßig erhältst, in sieben Schritten in ein kostengünstiges Controlling-Instrument verwandelst, schau Dir gerne meinen Blog-Beitrag dazu an.
So funktioniert es: Erfolgsgeschichte für eine stressfreie Buchhaltung in einem Kosmetikinstitut
A.B. ist geprüfte Fachkosmetikerin und seit Sommer 2018 mit ihrem Institut selbstständig.
Die betriebswirtschaftliche Führung ihres Unternehmens gehört bisher nicht zu den Stärken von A.B. Sie beschäftigt sich nur unregelmäßig mit den betriebswirtschaftlichen Auswertungen. Dazu gehört auch, dass sie sich nach Erhalt ihrer Auswertungen durch den Steuerberater zwar ihr Ergebnis bzw. den Gewinn anschaut, die Auswertungen aber anschließend abheftet, ohne sie genau zu analysieren und Maßnahmen zu ergreifen. Zudem sind A.B. nur wenige konkrete Maßnahmen bekannt, um ihren Umsatz und ihren Gewinn zu steigern.
Eine in die Zukunft gerichtete schriftliche Businessplanung hat sie bisher nicht erstellt. Fragen zu Liquidität und Rentabilität beantwortet sie bisher eher intuitiv. Zudem fehlt ihr ein praxisnahes Verfahren, um diese Aufgaben zu bewältigen.
Darüber hinaus hat sie wenig konkrete Vorstellungen von ihren finanziellen Zielen. Eine Vorausplanung der betrieblichen und privaten Einnahmen und Ausgaben für mindestens drei Jahre hat A.B. nicht. Diese Situation möchte sie ändern. Sie ist sich bewusst, dass sie nur über eine solide betriebswirtschaftliche Planung ihre persönlichen Ziele erreichen kann.
Schritt 1: Belegorganisation
Um die Buchhaltung zu erleichtern, sammelt A.B. alle Belege in einem Ordner. Sie sortiert sie nach Monaten und Nummern, damit sie sie später schnell und einfach wiederfindet. Dazu zählen zum Beispiel Rechnungen von Lieferanten, Quittungen für Ausgaben und Kassenbons.
Schritt 2: Buchhaltungsprogramm auswählen und einrichten
A.B. hat sich für ein Buchhaltungsprogramm entschieden, das speziell auf die Bedürfnisse von Einzelunternehmen zugeschnitten ist. Sie hat sich durch die Zusammenarbeit mit Ihrer Steuerberaterin für DATEV Unternehmen Online entschieden und das Programm eingerichtet, indem sie ihre Unternehmensdaten und die relevanten Konten angelegt hat.
Schritt 3: Belege erfassen (einscannen) und an die Steuerberaterin übermitteln
A.B. scannt regelmäßig ein Mal pro Woche ihre Lieferantenrechnungen und lädt diese in die Buchhaltungssoftware hoch. Des Weiteren sorgt eine Schnittstelle zu ihrem Kassenprogramm dafür, dass diese Daten ebenfalls in DATEV Unternehmen Online übertragen werden, genauso wie ihre monatlichen Kontoauszüge der Bank. Bei Bedarf erfasst sie zu den Lieferantenrechnungen Erläuterungen, damit die Steuerberaterin diese Kosten richtig zuordnen kann.
Schritt 4: Monatsabschluss und Auswertungen
Von ihrer Steuerberaterin erhält A.B. monatlich die Auswertungen ihrer Zahlen. Sie lässt sich die BWA mit Wertenachweis ausgeben, sodass sie in der Lage ist, die monatlichen IST-Zahlen in ihre Plan BWA zu übertragen. Somit hat sie eine direkte Gegenüberstellung ihrer Planung und der tatsächlichen IST-Werte.
Durch diese identifiziert sie Bereiche, in denen sie Kosten senken oder optimieren kann und sieht, ob Maßnahmen notwendig sind, um die Umsatzzahlen zu steigern. Durch die regelmäßige Überprüfung erkennt A.B., ob ihre Ausgaben im Einklang mit ihrem geplanten Budget und den Unternehmenszielen stehen.
Die Angst vor Zahlen ist ein überwindbares Hindernis
Indem Du Deine Einstellung zu Zahlen änderst und Deine Buchhaltungsdaten aktiv nutzt, kannst Du bessere Entscheidungen treffen, Deine Buchhaltung souverän meistern und langfristig erfolgreich sein. Also, worauf wartest Du noch? Nutze die Macht der Zahlen für Dein Unternehmen und werde zum/zur erfolgreichen Unternehmer:in, der/die Du schon immer sein wolltest!
Zahlen müssen keine Feinde sein. Mit dem richtigen Wissen und den richtigen Werkzeugen kannst Du Deine Finanzen in den Griff bekommen und für smarte und wohldurchdachte Entscheidungen nutzen. Lasse die Angst hinter Dir und tauche ein in die Welt der Zahlen – Du wirst überrascht sein, wie viel Du daraus lernen kannst und wie sehr es Deine Selbstständigkeit zum Besseren verändern kann.
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