Betriebswirtschaft? Klingt für viele Selbstständige erst einmal nach trockener Theorie und Zahlenwüste – und vor allem nach etwas, das eher größere Unternehmen oder Konzerne betrifft als kleine Unternehmen.
Doch genau hier liegt ein großes Missverständnis: Auch (und gerade) als Selbstständige:r oder Unternehmer:in, mit kleinem Team brauchst Du einen klaren Blick auf Deine Zahlen, um gute Entscheidungen zu treffen, Krisen frühzeitig zu erkennen und langfristig erfolgreich zu bleiben.
In diesem Beitrag räume ich mit sieben typischen Mythen rund um betriebswirtschaftliches Know-how auf – und zeige Dir, warum BWL kein Widerspruch zu Kreativität, Handwerk oder Leidenschaft ist. Dazu bekommst Du praxisnahe Tipps, wie Du Dein Unternehmen sicherer und souveräner steuerst – Schritt für Schritt, ganz ohne BWL-Studium.
Mythos 1: Betriebswirtschaft ist nur etwas für große Unternehmen
Der Irrglaube:
Zahlreiche Selbstständige denken, dass betriebswirtschaftliches Know-how ausschließlich komplizierte Theorien und umfangreiche Kennzahlen umfasst – etwas, das nur größere Unternehmen nötig haben.
Ich erlebe es immer wieder aufs Neue: Viele Selbstständige sind fachlich top, aber betriebswirtschaftlich unerfahren. Sie sagen, sie hätten einen Steuerberater, der ihnen die Zahlen erstellt. Doch was machen sie mit den Auswertungen? Sie heften sie ab.
Die Wahrheit:
Wenn Du so arbeitest, führst Du Dein Unternehmen rein nach Gefühl. Das kann man machen, aber das ist wie Roulette. Das kann Dich teure Fehlentscheidungen kosten. Kannst und willst Du Dir das leisten?
Wenn Du langfristig erfolgreich sein willst, kommst Du nicht umhin, Dich mit Deinen Zahlen zu beschäftigen und damit die gesamte Geschäftsentwicklung nicht aus den Augen zu verlieren.
Für Selbstständige reicht oft schon ein grundlegendes Verständnis von Themen wie Liquiditätsplanung und Kostenübersicht, um den finanziellen Puls des eigenen Unternehmens zu fühlen.
Praxis-Tipp:
Nutze einfache Tools (etwa kostenfreie Excel-Vorlagen oder Apps) zur Budgetplanung und behalte so jederzeit den Überblick über Deine Einnahmen und Ausgaben. Lade Dir hier die Excel-Vorlage zur BWA-Planung direkt herunter
Mythos 2: Kreativität und Leidenschaft reichen – Zahlen sind zweitrangig
Der Irrglaube:
Viele glauben, dass die persönliche Kreativität und die Leidenschaft für den eigenen Beruf ausreichen, um erfolgreich zu sein, und betriebswirtschaftliche Grundlagen lediglich im Hintergrund eine untergeordnete Rolle spielen.
Die Wahrheit:
Zahlen erzählen eine Geschichte. Sie helfen Dir, den Erfolg Deiner kreativen Ideen messbar zu machen und gezielt zu steuern. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse sind somit keinesfalls ein Widerspruch zu Deiner Leidenschaft, sondern vielmehr ein wertvolles Instrument, das Dir dabei hilft, Entscheidungen fundiert zu treffen und langfristig auf Kurs zu bleiben.
Praxis-Tipp:
Arbeite mit einem Business Canvas oder einem einfachen Erfolgsmodell, das Deine kreativen Ideen mit betriebswirtschaftlichen Zielen verknüpft.
Mythos 3: Ich kann einfach nichts mit Zahlen anfangen – das ist halt so
Der Irrglaube:
Viele Selbstständige sagen über sich: „Ich bin einfach kein Zahlenmensch.“ Dahinter steckt oft die Annahme, dass der Umgang mit Zahlen eine angeborene Fähigkeit ist – und dass man selbst eben „nicht dafür gemacht“ ist. Diese Haltung hält viele davon ab, sich mit Finanzen, Planung oder betriebswirtschaftlichen Themen auseinanderzusetzen.
Die Wahrheit:
Die Angst vor Zahlen ist kein Zeichen mangelnder Intelligenz oder fehlender Eignung, sondern oft das Ergebnis von negativen Erfahrungen – sei es aus der Schulzeit, dem Elternhaus oder durch Überforderung im Unternehmeralltag. Diese Angst ist völlig nachvollziehbar – aber sie lässt sich abbauen. Denn der Umgang mit Zahlen ist kein Talent, sondern eine Fähigkeit, die jede:r erlernen kann – Schritt für Schritt, in eigenem Tempo.
Praxis-Tipp:
Fang klein an. Nimm Dir jeden Monat 30 Minuten Zeit, um Dich mit Deinen Zahlen vertraut zu machen – ganz ohne Anspruch auf Perfektion. Nutze einfache Übersichten: Was kommt rein, was geht raus? Was bleibt übrig? Du wirst sehen: Je vertrauter Dir die Zahlen werden, desto weniger Schrecken verbreiten sie – und desto mehr Handlungsspielraum gewinnst Du.
Und wenn Du merkst, dass Blockaden sitzen, such Dir Unterstützung: Ein Gespräch auf Augenhöhe mit jemandem, der Zahlen verständlich erklären kann, wirkt oft Wunder.
⇒ Mehr dazu, warum die Angst vor Zahlen nichts mit Dir als Person zu tun hat – und wie Du sie Schritt für Schritt überwindest – findest Du in diesem Blogbeitrag: „Angst vor Zahlen – Du bist nicht allein“.
Mythos 4: Betriebswirtschaftliche Planung ist starr und passt nicht zu meinem flexiblen Arbeitsstil
Der Irrglaube:
Viele Selbstständige – vor allem aus kreativen, handwerklichen oder dienstleistungsnahen Bereichen – empfinden betriebswirtschaftliche Planung als zu starr, zu zahlenlastig oder schlichtweg lebensfremd. Sie sagen: „Ich brauche Freiheit, keine Tabellen.“ Dahinter steckt die Sorge, dass Planungsprozesse die eigene Spontaneität und Flexibilität einschränken könnten.
Die Wahrheit:
Planung ist nicht das Gegenteil von Flexibilität – im Gegenteil: Eine gute Planung schafft Freiheit im Kopf, Klarheit über Prioritäten und sorgt dafür, dass Du Deine Energie auf das Wesentliche richten kannst. Gerade als Selbstständige:r jonglierst Du täglich mit verschiedenen Aufgaben: Kundinnen betreuen, Dich um Marketing und Sichtbarkeit kümmern, Buchhaltung erledigen, Weiterbildungen im Blick behalten … Wenn Du all das „aus dem Bauch heraus“ steuerst, ist die Gefahr groß, dass wichtige Themen untergehen.
Damit das nicht passiert, ist eine regelmäßige Kontrolle Deiner betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wichtig, um Dich über die tatsächliche Situation des Unternehmens zu informieren. Du hast für Deine unternehmerischen Entscheidungen, ob Du Mitarbeitende einstellst, in ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung investierst oder neue Maschinen und Geräte kaufst, ein Fundament, statt unter Umständen folgenschwere Entscheidungen zu treffen, für die Dir die finanziellen Mittel fehlen oder die sich auf Dauer nicht rechnen.
Was viele nicht wissen: Es gibt Planungsmethoden, die genau zu einem flexiblen Arbeitsstil passen. Sie sind visuell, leicht verständlich, intuitiv und lassen sich jederzeit anpassen. Planung ist heute kein starres Konstrukt mehr, sondern ein lebendiges Werkzeug.
Praxis-Tipp:
Fang mit einem einfachen Wochen- oder Monatsüberblick an – z. B. mit einem Whiteboard, einem Notizbuch oder einem digitalen Planungstool (Trello, Notion, Kalender etc.). Stell Dir regelmäßig drei einfache Fragen:
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Was ist mein Fokus diese Woche?
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Welche Aufgaben zahlen auf meine Ziele ein – und welche nicht?
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Was möchte ich bewusst nicht tun?
Auch Jahresziele lassen sich flexibel denken: Statt starrer Zahlen kannst Du z. B. mit Themen-Schwerpunkten oder Quartals-Mottos arbeiten. So bleibt die Planung lebendig und motivierend – und Du bestimmst selbst den Rahmen.
In meinem Blog-Beitrag: 10+ nützliche betriebswirtschaftliche Tools und Tipps für Selbstständige erfährst Du, wie Du KI und andere digitale Tools für Deine Buchhaltung, Liquiditätsplanung und Steueroptimierung nutzen kannst.
Mythos 5: Solange das Geschäft läuft, brauche ich kein Controlling
Der Irrglaube:
Viele Selbstständige verlassen sich im Alltag auf ihr Bauchgefühl, den Kontostand oder die Rückmeldung ihrer Kund*innen. Sie denken: „Läuft doch – wozu der Aufwand mit Planung und Zahlen?“ Ein strukturiertes Controlling erscheint ihnen überflüssig, bürokratisch oder zu aufwendig.
Die Wahrheit:
Gerade weil Du täglich so viele operative Aufgaben bewältigst, ist ein einfaches, aber regelmäßiges Controlling unverzichtbar. Es geht nicht darum, Tabellen zu lieben, sondern darum, Klarheit zu gewinnen: Stimmen Deine Einnahmen mit den Erwartungen überein? Entwickeln sich bestimmte Kosten schneller als gedacht? Bleibt am Monatsende wirklich das übrig, was Du brauchst?
Ein pragmatischer Plan-Ist-Vergleich, z. B. über eine Plan-BWA, schafft Überblick und Handlungsspielraum. Du erkennst frühzeitig Abweichungen und kannst gezielt gegensteuern – statt erst zu reagieren, wenn es brennt.
Praxis-Tipp:
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Erstelle zum Jahresstart eine grobe Umsatz-/Kostenplanung (z. B. mit Excel oder Deiner Buchhaltungssoftware).
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Mach monatlich oder quartalsweise einen kurzen Abgleich: Wie entwickelt sich Dein Unternehmen im Vergleich zum Plan?
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⇒ Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung inkl. kostenloser Excel-Vorlage findest Du in meinem Blogartikel:
In 7 Schritten von der BWA zum Controlling-Instrument – mit kostenloser Vorlage
Diese einfachen Routinen stärken Deine unternehmerische Souveränität – und schützen Dich vor unliebsamen Überraschungen.
Mythos 6: Zahlen lügen nicht – Einmal aufgesetzt, bleibt alles stabil
Der Irrglaube:
Einmal festgelegte Kennzahlen und Planzahlen sollen dauerhaft gültig sein – und müssen nicht mehr regelmäßig überprüft oder angepasst werden.
Die Wahrheit:
Dein Unternehmen ist ein lebendiges System und unterliegt ständigen Veränderungen: neue Kund*innen, saisonale Schwankungen, steigende Kosten, persönliche Lebensumstände – all das beeinflusst Deine betriebswirtschaftliche Realität.
Kennzahlen sind daher keine einmalige Entscheidung, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Nur durch regelmäßige Überprüfung und Anpassung behältst Du die Kontrolle über Deine wirtschaftliche Entwicklung und kannst rechtzeitig gegensteuern, wenn Abweichungen auftreten.
Wichtig für gute Planwerte und Soll-Vorgaben ist:
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Sie sollten realistisch, aber auch ambitioniert sein – das motiviert und gibt Orientierung.
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Anpassungen sind okay – aber nur mit nachvollziehbaren und begründbaren Ursachen (z. B. Marktveränderung, neue Angebotsstrategie o. ä.).
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Der regelmäßige Abgleich mit Ist-Werten ist entscheidend – und hilft, echte Fortschritte zu erkennen.
Auch große positive Abweichungen solltest Du ernst nehmen: Sie deuten manchmal darauf hin, dass die Planung zu vorsichtig war – und damit an Aussagekraft verliert. Nur präzise gesetzte Ziele zeigen Dir, ob Deine Strategien tatsächlich greifen.
Praxis-Tipp:
Richte feste Controlling-Intervalle ein – z. B. monatlich oder quartalsweise – und schau Dir Deine Zahlen bewusst an. Welche Trends erkennst Du? Wo weichst Du vom Plan ab – und warum? So stärkst Du Deine unternehmerische Souveränität und entwickelst mit der Zeit ein immer besseres Gespür für Dein Geschäft.
Mythos 7: Mit moderner Buchhaltungssoftware musst Du keine Buchhaltungskenntnisse mitbringen
Der Irrglaube:
Viele glauben, dass Tools wie sevDesk, lexoffice, Lexware & Co. sämtliche Buchhaltungsaufgaben vollständig und fehlerfrei übernehmen – und dass Grundkenntnisse dadurch überflüssig sind.
Die Wahrheit:
Moderne Buchhaltungsprogramme vereinfachen und automatisieren vieles – von der Rechnungserstellung über die Umsatzsteuer-Voranmeldung bis hin zum Bankabgleich. Aber: Sie nehmen Dir nicht das Denken ab!
Ein grundlegendes Verständnis der Buchhaltung ist unerlässlich, um Fehler zu erkennen, Buchungsvorschläge richtig zu interpretieren – und am Ende einen sauberen Überblick über Deine Finanzen zu haben.
Gerade wenn Du Deine Buchhaltung komplett eigenständig machst (ohne Unterstützung durch eine Steuerberatung), lauern viele typische Fehlerquellen:
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✅ Anlagevermögen, das versehentlich vollständig als Betriebsausgabe gebucht wird (und damit Deinen Gewinn künstlich senkt – was später zu Nachzahlungen führt).
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✅ Doppelt erfasste Rechnungen durch automatische Buchungsvorschläge.
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✅ Vorsteuerabzug, obwohl die Rechnung gar keinen ausweist.
Das sind oft kleine Fehler – mit potenziell großen Auswirkungen. Sie können Deine Steuerlast beeinflussen, zu Rückfragen vom Finanzamt führen oder dafür sorgen, dass Du wichtige betriebswirtschaftliche Entwicklungen falsch einschätzt.
Ja, die Software ist smart, viele Systeme arbeiten mit KI und machen Dir Buchungsvorschläge. Du kannst Kontoauszüge importieren, Belege automatisiert zuordnen lassen und bekommst sogar Warnhinweise. Aber:
Am Ende braucht es immer noch Dich. Deinen Blick. Deinen Verstand. Deinen Bauch.
Ein solides Grundverständnis hilft Dir dabei, fundierte Entscheidungen zu treffen – und sicher aufzutreten, egal ob gegenüber Steuerberatung, Bank oder Finanzamt.
Praxis-Tipp:
Investiere gezielt in Dein Buchhaltungswissen – z. B. über kurze Online-Kurse, lokale Workshops oder einfache Lernvideos. So kombinierst Du die Stärken der Software mit echtem Know-how – und stärkst Deine unternehmerische Souveränität.
Hier sind einige empfehlenswerte Angebote, mit denen Du Dein Buchhaltungswissen gezielt aufbauen oder vertiefen kannst – ideal für Selbstständige, die mit Tools wie sevDesk oder lexoffice arbeiten und ihre Zahlen souverän im Griff behalten möchten:
Online-Kurse & Workshops für Buchhaltungswissen
Lexware bietet praxisnahe Online-Schulungen rund um Buchhaltung, Steuern und den Umgang mit der eigenen Software. Ideal für Selbstständige, die ihre Buchhaltungssoftware besser verstehen und anwenden möchten.
2. WBS Training
WBS Training ist ein erfahrener Bildungsträger mit einem breiten Angebot an zertifizierten Online-Kursen – darunter auch Buchhaltung, DATEV, Lexware oder SAP. Viele Kurse sind förderfähig über die Agentur für Arbeit oder das Jobcenter.Wikipedia – Die freie Enzyklopädie
3. Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern
Der Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern bieten bundesweit Seminare, Workshops und Fachveranstaltungen zu Themen wie Buchführung, Controlling und Bilanzierung an. Ideal für Selbstständige, die sich fundierter mit betriebswirtschaftlichen Themen auseinandersetzen möchten.
️Weitere Möglichkeiten
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Volkshochschulen (VHS): Viele regionale VHS bieten kostengünstige Kurse zu Buchhaltung, Steuerrecht oder Excel für Selbstständige an.
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YouTube-Kanäle: Es gibt zahlreiche kostenlose Tutorials von Steuerberater*innen oder Buchhaltungsprofis, die praxisnah erklären, worauf es ankommt.
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Plattformen wie Udemy oder LinkedIn Learning: Hier findest Du kompakte Online-Kurse zu Buchhaltung, oft mit Fokus auf Selbstständige und kleine Unternehmen.
Fazit
Betriebswirtschaft ist kein notwendiges Übel – sie ist Dein Werkzeugkasten für unternehmerische Klarheit, Sicherheit und nachhaltigen Erfolg.
Die sieben Mythen, mit denen wir heute aufgeräumt haben, halten viele Selbstständige davon ab, sich aktiv mit Zahlen, Planung und Prozessen zu beschäftigen. Doch wie Du gesehen hast: Es braucht kein BWL-Studium, sondern den Mut, hinzuschauen, einfache Tools zu nutzen – und Schritt für Schritt in Deine unternehmerische Stärke hineinzuwachsen.
Ob mit Excel-Vorlage, Planungstool oder Online-Kurs: Du hast heute viele Möglichkeiten, BWL auf Deine Weise zu leben – bodenständig, flexibel und praxisnah.
Mach’s Dir leichter: Vertraue nicht nur Deinem Bauchgefühl, sondern auch Deinem Wissen. Es lohnt sich!

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